Zusammenfassung – Zwischen ERP-Cloud und On-Premise entscheiden Resilienz Ihres Informationssystems, Prozessindividualisierung, regulatorische Compliance, Skalierbarkeit und TCO. Es gilt, das Ausmaß der fachlichen Anpassungen, die Elastizität der Infrastruktur, die Sicherheits- und Datenresidenzanforderungen, die API-Integrationen, die IT-Kompetenzen und die Risiken eines Vendor-Lock-ins zu analysieren. Lösung: einen vollständigen TCO aufbauen, eine modulare Architektur und offene Standards einführen, Reversibilitätsklauseln verhandeln und eine bereichsübergreifende Governance zwischen IT-Leitung und Fachbereichen etablieren.
Die Entscheidung zwischen einem Cloud-ERP und On-Premise-ERP geht weit über die bloße Frage des Hostings hinaus: Sie betrifft die gesamte Struktur Ihres Informationssystems und beeinflusst Ihre Fähigkeit, Innovationen voranzutreiben und sich weiterzuentwickeln.
Für ein Schweizer KMU oder mittelständisches Unternehmen muss diese Entscheidung auf einer fundierten Analyse der erforderlichen Branchenspezialisierungen, Sicherheitsanforderungen, vorhandenen Integrationen, internen Kompetenzen und zukünftigen Skalierbarkeit basieren. In diesem Artikel stellen wir die wichtigsten Kriterien vor, um Ihre Entscheidung zu unterstützen, und stützen uns dabei auf anonyme Praxisbeispiele aus Schweizer Organisationen, damit Sie eine widerstandsfähige und skalierbare IT-Architektur entwerfen können.
Das richtige ERP-Modell wählen
Die Wahl des ERP-Modells bestimmt die Weiterentwicklung Ihres Informationssystems und sollte auf einer genauen Bewertung Ihrer Anforderungen an Individualisierung, Architektur und Flexibilität basieren.
Branchenspezifische und maßgeschneiderte Anpassungen
Anpassungen sind oft ein entscheidendes Kriterium für Unternehmen mit spezifischen Geschäftsprozessen. Ein Standard-Cloud-ERP kann bei der Individualisierung Einschränkungen aufweisen, während On-Premise-Lösungen in der Regel mehr Spielraum für die Entwicklung maßgeschneiderter Module bieten. Dabei sollte jedoch die Fähigkeit des Anbieters, diese Erweiterungen zu unterstützen, sowie die damit verbundenen Kosten pro Iteration genau geprüft werden.
Darüber hinaus kann ein funktional überfrachtetes Standard-ERP zu komplexen Benutzeroberflächen und ungeeigneten Prozessen führen. Eine übermäßige On-Premise-Individualisierung ohne angemessenes Management der technischen Schulden kann zudem die Wartung und künftige Weiterentwicklungen behindern.
Beispiel: Ein Schweizer KMU aus dem Bereich technische Gerätefertigung entschied sich für eine Cloud-Lösung mit einem REST-basierten Customization-Modul. Dieser Ansatz ermöglichte die schnelle Integration von F&E-Workflows, ohne die interne Infrastruktur zu belasten. Er zeigt, dass eine modulare Architektur auch in der Cloud spezifische Geschäftsanforderungen erfüllen kann und gleichzeitig das Risiko einer funktionalen Überfrachtung minimiert.
IT-Architektur und Skalierbarkeit
Ein Cloud-ERP basiert auf einer gemeinsamen oder dedizierten Infrastruktur bei einem Drittanbieter und gewährleistet dank der Elastizität der Cloud eine transparente Leistungsanpassung.
Für stark wachsende Unternehmen oder solche mit ausgeprägter Saisonalität ist die Fähigkeit zur schnellen Skalierung entscheidend. Eine gut dimensionierte Cloud-Umgebung passt Ressourcen quasi automatisch an, während bei On-Premise-Lösungen der Bedarf im Voraus geplant und Hardware rechtzeitig bereitgestellt werden muss.
Beispiel: Ein Logistikdienstleister in der Zentralschweiz hatte seinen On-Premise-Cluster zu knapp ausgelegt, um einem plötzlichen Verdoppeln des Transaktionsvolumens gewachsen zu sein. Nach mehreren Performance-Vorfällen migrierte das Team einen Teil seines ERP in eine Private Cloud. Dies zeigte, dass die native Elastizität der Cloud entscheidend sein kann, um Servicekontinuität und Benutzererfahrung aufrechtzuerhalten.
Vendor Lock-in und langfristige Flexibilität
Das Risiko einer Abhängigkeit von einem Anbieter oder Hoster ist bei SaaS häufig höher als bei On-Premise-Lösungen. Cloud-Lizenzen können komplexe Rückübertragungsbestimmungen und hohe Exit-Kosten enthalten, was eine spätere Migration zu einem anderen Anbieter oder in eine hybride Architektur erschwert.
Ein schlecht gesichertes On-Premise-System oder eines, das stark durch proprietäre Module eingeschränkt ist, kann jedoch ebenfalls zu einem Lock-in führen. Optimal ist daher die Verwendung offener Standards und robuster APIs, um diese Risiken bei jedem Modell zu minimieren.
Beispiel: Eine Finanzdienstleistungsgruppe entschied sich zunächst für ein SaaS-ERP mit proprietären Konnektoren. Angesichts steigender Kosten und eingeschränkter Weiterentwicklungsmöglichkeiten verhandelte sie den Wechsel zu einer hybriden Plattform, indem sie bestimmte Cloud-Komponenten auslagerte und kritische Module On-Premise behielt. Dieser Fall verdeutlicht, wie wichtig es ist, Vertragsklauseln frühzeitig zu prüfen und einen Exit-Plan bereits in der Auswahlsphase zu definieren.
Sicherheit und Compliance des ERP
Sicherheit und Compliance bestimmen das erforderliche Schutzniveau. Anforderungen an Datenhoheit und Zugangsverwaltung variieren je nach Branche.
Sicherheitsanforderungen und Risikomanagement
Die Public Cloud nutzt die Sicherheitsmechanismen des Anbieters, einschließlich einer Verschlüsselung der Daten im Ruhezustand und während der Übertragung, Application Firewalls und Intrusion Detection Systeme. Diese Maßnahmen profitieren häufig von Skaleneffekten und dedizierten Security-Teams. Dennoch liegt die Verantwortung für die Konfiguration und Überwachung der Zugriffe beim Kunden.
Bei On-Premise-Lösungen liegt die Verantwortung für die Sicherheit vollständig bei den internen Teams oder dem für die Infrastruktur beauftragten Dienstleister. Dies kann eine granulare Kontrolle ermöglichen, erfordert jedoch tiefgehende Fachkenntnisse und regelmäßige Updates, um Schwachstellen vorzubeugen.
Beispiel: Eine private Schweizer Klinik migrierte ihr ERP in eine ISO-27001-zertifizierte On-Premise-Umgebung, um die Verschlüsselung der Patientendaten zu kontrollieren und eine vollständige Firewall-Governance sicherzustellen. Dieser Ansatz zeigte, dass im Gesundheitswesen Nachvollziehbarkeit und Datenhoheit oberste Priorität haben, auch wenn dies die interne operative Belastung erhöht.
Compliance und Datenresidenz
Der Standort der Server ist in bestimmten Branchen, wie dem Finanzwesen, dem Gesundheitssektor oder im öffentlichen Bereich, ein regulatorisches Kriterium. Ein Cloud-ERP, das in der Schweiz oder in der Europäischen Union gehostet wird, kann den Datenresidenzanforderungen entsprechen, während On-Premise-Lösungen de facto die örtliche Datenhaltung vor Ort sicherstellen.
Es ist entscheidend, die Zertifizierungen des Hosting-Anbieters (ISO 27001, SOC 2 etc.) zu überprüfen und sicherzustellen, dass Backup- und Restore-Prozesse definierte Ausfallzeiten und Aufbewahrungsanforderungen einhalten.
Beispiel: Eine parapublische Organisation in der Schweiz wählte ein Cloud-ERP, das ausschließlich in der Schweiz gehostet wird, um öffentliche Ausschreibungen zu erfüllen. Die Zertifizierungen des Rechenzentrums erleichterten die Compliance-Abnahme und reduzierten interne Audits. Dieses Beispiel unterstreicht die Bedeutung von Nachvollziehbarkeit und Zertifizierung in regulierten Lieferketten.
Zugangs- und Identitätsmanagement
Die Integration von SAML, OAuth oder Active Directory ist sowohl in der Cloud als auch On-Premise entscheidend. Sie gewährleistet Single Sign-On und eine granulare Zugriffskontrolle, während die Rechteverwaltung zentralisiert wird.
Cloud-Anbieter offerieren oft Managed Identity and Access Management (IAM)-Services mit Rollenverwaltung, Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA) und Login-Audits. In On-Premise-Umgebungen müssen diese Dienste selbst implementiert oder betrieben werden.
Beispiel: Ein Schweizer Technologieunternehmen verfügte bereits über eine zentralisierte On-Premise-IAM-Strategie. Bei der Migration seines ERP in die Cloud erweiterte es sein internes Verzeichnis über einen sicheren Proxy in die Cloud. Diese nahtlose Integration zeigte, dass interne Kompetenzen und Unternehmenswerkzeuge genutzt werden können, um Zugriffe zu sichern – unabhängig vom Standort des ERP.
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Interne Ressourcen und ERP-Governance
Der Erfolg Ihres ERP-Projekts hängt auch von Ihren internen Ressourcen und Ihrer Governance ab. Ein ERP-Projekt erfordert eine sorgfältige Planung und passende Kompetenzen.
IT-Kompetenzen für das On-Premise-Management
Ein On-Premise-ERP erfordert ein Team, das Server, Storage, Netzwerk sowie Betriebssystem- und Hypervisor-Updates verwaltet. Fehlen diese Kompetenzen, birgt die Wartung ein erhebliches Risiko für die Verfügbarkeit.
Die Cloud hingegen überträgt die Infrastrukturverwaltung an den Anbieter. Die IT-Teams können sich auf funktionale Konfiguration, Integration und die Optimierung von Geschäftsprozessen konzentrieren.
Beispiel: Ein Schweizer KMU im Bereich Umweltservices verfügte nur über ein kleines IT-Team. Nach der Entscheidung für ein On-Premise-ERP musste es einen Sysadmin-Engineer einstellen. Das Projekt verzögerte sich um sechs Monate und verursachte unvorhergesehene Zusatzkosten. Dieser Fall verdeutlicht, dass unzureichendes Personal ein On-Premise-Deployment gefährden kann.
Steuerung und kontinuierliche Wartung
Unabhängig vom Modell benötigt ein ERP einen strukturierten Wartungsplan: Versionsverwaltung, Upgrade-Tests, Backups und Notfallwiederherstellungspläne. In der Cloud werden einige Prozesse zwar vom Anbieter automatisiert, doch die Freigabe von Updates bleibt Aufgabe des Kunden.
Bei On-Premise-Lösungen muss jeder Patch vor der Anwendung in einer Testumgebung validiert werden, um Regressionen in der Produktion zu vermeiden. Ohne eine agile Organisation kann dieser Prozess sehr aufwendig sein.
Beispiel: Ein Schweizer Ersatzteilhändler implementierte ein automatisiertes Runbook für seine Cloud-Updates und verkürzte die Test- und Deployment-Zeiten um 40 %. Diese Praxis zeigte, dass CI/CD-Automatisierung nicht nur für maßgeschneiderte Anwendungen geeignet ist, sondern auch die Wartung eines SaaS-ERP beschleunigen kann.
Projektgovernance und Benutzerakzeptanz
Der Erfolg eines ERP-Projekts hängt von der Einbindung der Fachbereiche bereits in der Konzeptionsphase ab. Ein bereichsübergreifendes Steuerungskomitee, in dem IT-Leitung, Geschäftsbereiche und Dienstleister vertreten sind, hilft, Prioritäten abzustimmen und Widerstände frühzeitig zu erkennen.
Schulungen, die Weiterbildung von Super-Usern und der Aufbau eines internen Support-Teams sind unerlässlich, um die Akzeptanz und die effektive Nutzung der Funktionen sicherzustellen.
Beispiel: Ein Schweizer Logistikunternehmen strukturierte sein Cloud-ERP-Projekt mit monatlichen Workshops zusammen mit den Fachverantwortlichen. Die Einführung erfolgte planmäßig, die sofortige Nutzerakzeptanz lag bei über 85 % und das Feedback aus der Praxis floss in die nachfolgenden Weiterentwicklungen ein. Dieser Ansatz zeigt die Stärke einer agilen und kollaborativen Governance.
ERP-Integration und Innovationen
Die Integration in Ihr Ökosystem und die Berücksichtigung zukünftiger Innovationen sind entscheidend. ERP, CRM, BI, IoT und KI müssen zu einer ganzheitlichen Vision zusammengeführt werden.
CRM- und E-Commerce-Schnittstellen
Ein Cloud-ERP bietet häufig native Konnektoren zu den gängigen CRM-Systemen und E-Commerce-Plattformen, was den Echtzeit-Austausch von Kundendaten, Bestellungen und Lagerbeständen erleichtert.
Die Qualität dieser Schnittstellen beeinflusst direkt die Reaktionsfähigkeit der Vertriebsprozesse und die Kundenzufriedenheit. Offen APIs und eine klare Dokumentation sollten bereits bei der Auswahl geprüft werden.
Beispiel: Ein Schweizer Einzelhändler setzte ein On-Premise-ERP in Kombination mit einem E-Commerce-System über einen Open-Source-Event-Bus ein. Diese Architektur ermöglichte die asynchrone Orchestrierung von Bestell-, Bestands- und Rechnungsdaten und zeigte, dass auch On-Premise-Lösungen dank Modularität und offener Standards zuverlässige und skalierbare Datenaustausche gewährleisten können.
BI und fortschrittliches Reporting
Die vom ERP aggregierten Daten können ein Data Warehouse oder eine BI-SaaS-Plattform speisen. Ein Cloud-Modell erleichtert die Konnektivität, wohingegen On-Premise-Lösungen oft einen internen ETL-Prozess und das Management von Instanzen erfordern.
Echtzeitanalysen, Self-Service-BI und interaktive Dashboards sind heute feste Erwartungen des Managements. Es gilt, die Synchronisationsfreundlichkeit, die Kosten der Analyse-Lizenzen und die Skalierbarkeit des zugehörigen Data Lakes sicherzustellen.
Beispiel: Ein Schweizer Engineering-Unternehmen entschied sich für ein Cloud-ERP und aktivierte einen direkten Konnektor zu seinem Azure Data Lake. Die Fachabteilungen greifen nun in wenigen Klicks auf konsolidierte Kennzahlen zu, wodurch die Zeit für die Erstellung der Monatsberichte um 30 % reduziert wurde. Dieser Fall verdeutlicht den Nutzen einer Full-Cloud-Architektur, um datengetriebene Entscheidungen zu beschleunigen.
Skalierbarkeit und neue Technologien
Ein modernes ERP muss Schnittstellen zu KI-, Machine Learning- und IoT-Management-Tools bieten. Die Cloud stellt häufig Managed Services bereit, die sich nahtlos integrieren lassen, während On-Premise-Umgebungen möglicherweise Container und Kubernetes-Orchestrierung erfordern, um prädiktive Modelle zu betreiben.
Die Möglichkeit, technologische Erweiterungen ohne komplette Neugestaltung des ERP einzuführen, ist ein wesentlicher Innovationshebel. Es empfiehlt sich, die Roadmap des Anbieters und die Aktivität der Open-Source-Community zu prüfen, um diese Entwicklungen frühzeitig zu berücksichtigen.
Beispiel: Ein Schweizer Hersteller vernetzter Geräte hat sein On-Premise-ERP um ein IoT-Modul auf Basis einer hybriden Cloud-Plattform erweitert. Sensordaten werden über einen MQTT-Broker an einen Cloud-Microservice übertragen, der prädiktive Analysen an das lokale ERP zurückliefert. Dieses Beispiel zeigt, wie ein hybrides Modell Cloud- und On-Premise-Technologien komplementär nutzen kann.
Wählen Sie das ERP-Modell, das Ihr Wachstum freisetzt
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wahl zwischen einem Cloud-, On-Premise- oder Hybrid-ERP weit mehr als eine Hosting-Frage ist: Sie umfasst branchenspezifische Anpassungsmöglichkeiten, Sicherheit, Integrationen, interne Kompetenzen und die Fähigkeit, künftige Innovationen zu nutzen. Der Ansatz sollte stets situationsbezogen sein, offene Standards und eine modulare Architektur priorisieren, um Vendor Lock-in zu vermeiden.
Egal in welcher Umgebung, wir empfehlen Ihnen, einen vollständigen TCO zu erstellen, der direkte und indirekte Kosten berücksichtigt, und Governance sowie erforderliche Kompetenzen für den Betrieb zu planen. Dieser Ansatz gewährleistet eine resiliente, skalierbare Lösung, die Ihre Leistungs- und Langfristziele unterstützt.
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