Zusammenfassung – Die beschleunigte Digitalisierung und die Zunahme von Cyberangriffen verpflichten den Schweizer Verwaltungsrat, Cyberrisiken ebenso wie Finanzrisiken zu managen, um Sanktionen und persönliche Haftung zu vermeiden. Governance, Due Diligence und Nachvollziehbarkeit durch Protokolle, Kennzahlen und die Business Judgment Rule sichern fundierte Entscheidungen und eine effektive Aufsicht. Lösung: Sicherheitsrichtlinie auf höchster Ebene definieren, jeden Schritt dokumentieren und einen kontinuierlichen Zyklus aus Bewertung und Risikominderung mit internen und externen Experten etablieren.
In einem Umfeld, in dem Cyberangriffe zunehmen und die Digitalisierung an Fahrt gewinnt, wird das Cyber-Risikomanagement zu einer gesetzlichen Pflicht und zu einem unverzichtbaren Governance-Thema.
In der Schweiz muss der Verwaltungsrat die Informationssicherheit in sein Risikomanagement einbinden, gleichwertig zu finanziellen oder operativen Risiken. Jede Nachlässigkeit kann die persönliche Haftung der Mitglieder begründen, selbst im Falle einer Delegation. Daher ist es essenziell, einen dokumentierten, nachvollziehbaren und regelmäßig überprüften Prozess zu etablieren, um Sanktionen zu vermeiden und das Vertrauen der Stakeholder zu erhalten.
Treuhänderische Verantwortung und Pflichten des Verwaltungsrats
Der Verwaltungsrat trägt die rechtliche Verantwortung für die Festlegung der Sicherheitsstrategie und die Bewertung kritischer Risiken. Auch wenn er die Umsetzung delegiert, muss er eine sorgfältige Auswahl, kontinuierliche Information und effektive Überwachung nachweisen.
Gesetzlicher Auftrag und regulatorischer Rahmen
Gemäß dem Schweizer Obligationenrecht (Art. 716a) muss der Verwaltungsrat eine geeignete Organisation sicherstellen, um Risiken – einschließlich solcher der Informationssicherheit – zu identifizieren, zu managen und zu überwachen. Er sollte sich dabei am Konzept der transformationalen Führung orientieren, um die Governance zu steuern.
Die Sicherheitsrichtlinie ist auf der obersten Unternehmensebene zu definieren und vom Verwaltungsrat zu genehmigen. Sie legt Verantwortlichkeiten, Incident-Management-Verfahren und Reporting-Prozesse an die Governance-Instanzen fest.
Bei Verstößen können die Verwaltungsratsmitglieder für Schäden am Unternehmen oder für von Aufsichtsbehörden verhängte Sanktionen haftbar gemacht werden, was die Bedeutung der Einhaltung der rechtlichen Anforderungen in der Schweiz unterstreicht.
Nicht-Delegation und Sorgfaltspflicht
Der Verwaltungsrat kann die Umsetzung der Cyberstrategie an die Geschäftsleitung oder Dritte übertragen, doch bleibt die primäre Verantwortung unantastbar. Um sich zu entlasten, muss er nachweisen, dass er kompetente Expertinnen und Experten ausgewählt, regelmäßige Informationen erhalten und eine wirksame Überwachung durchgeführt hat.
Die Dokumentation dieser Schritte ist entscheidend: Protokolle, Prüfungsberichte und Dashboards zur Nachverfolgung dienen als Beleg für eine angemessene Sorgfalt. Ohne diese Nachweise bleibt der Verwaltungsrat im Falle eines gravierenden Vorfalls exponiert.
Die Due Diligence umfasst zudem die Bewertung der Kompetenzen der Dienstleister und die Einführung von KPIs, mit denen die Wirksamkeit des Sicherheitsmanagements gemessen wird.
Beispiel für Governance unter Prüfungsdruck
In einem mittelgroßen Schweizer Rechnungsdienstleistungsunternehmen hatte der Verwaltungsrat einen externen Anbieter mit der Erstellung seines Sicherheitsplans beauftragt. Bei einem schweren Einbruch stellte sich heraus, dass der Verwaltungsrat nie die vierteljährlichen Berichte des Anbieters validiert oder kontrolliert hatte. Dieses Beispiel zeigt, dass eine Delegation ohne dokumentierte Überwachung die persönliche Haftung der Mitglieder trotz Spezialisteneinsatzes nach sich zieht.
Business Judgement Rule und Nachvollziehbarkeit des Entscheidungsprozesses
Die Business Judgement Rule schützt strategische Entscheidungen, wenn sie auf einem rigorosen, fundierten und konfliktfreien Prozess basieren. Die Nachverfolgbarkeit und Dokumentation jeder Entscheidungsstufe mindert das Risiko von Rechtsverfolgungen im Falle eines Scheiterns.
Prinzip und Anwendungsbedingungen
Die Schweizer Business Judgement Rule erkennt an, dass ein Verwaltungsrat Fehlentscheidungen treffen kann, ohne bestraft zu werden, sofern er in gutem Glauben, im Interesse der Gesellschaft und auf Basis ausreichender Informationen gehandelt hat. Das Fehlen von Interessenkonflikten ist eine zwingende Voraussetzung.
Um von diesem Schutz zu profitieren, muss der Verwaltungsrat nachweisen, dass er Expertisen eingeholt, mehrere Szenarien analysiert und die zugrunde liegenden Kriterien dokumentiert hat. Diese Sorgfalt schützt die Mitglieder bei Prüfungen oder Rechtsstreitigkeiten.
Dieses Prinzip ermutigt Governance-Institutionen, ihre Entscheidungen formal und transparent zu strukturieren, beispielsweise durch die Einführung agiler Praktiken, um jeden strategischen Entscheidungsprozess nachvollziehbar zu begründen.
Dokumentation als juristischer Schutzschild
Detaillierte Protokolle, Risikoanalysen, Gutachten von Rechts- und Technikexperten sowie Workshop-Berichte bilden eine umfassende Dokumentation. Diese Unterlagen sind Grundlage für den Nachweis eines unparteiischen und methodischen Prozesses.
Fehlen schriftliche Aufzeichnungen, können Gerichte annehmen, der Verwaltungsrat habe seine Sorgfaltspflicht verletzt oder die Bedeutung der Risiken nicht erkannt. Die Beweislast liegt dann bei den Mitgliedern.
Die Digitalisierung dieser Unterlagen über ein sicheres Managementsystem erleichtert die Recherche und gewährleistet die Integrität der Daten bei Audits.
Beispiel eines geschützten Prozesses
Eine Schweizer Finanzinstitution hat einen jährlichen Cyber-Risikoreview-Zyklus eingeführt, der einen interdisziplinären Ausschuss und externe Audits umfasst. Jede Sitzung wird in einem zeitgestempelten und digital signierten Bericht festgehalten. Dieses Beispiel zeigt, dass eine lückenlose Nachvollziehbarkeit die Position des Verwaltungsrats auch nach einem Sicherheitsvorfall stützt.
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Der blinde Fleck der Informationssicherheit in der Governance
Informationssicherheit wird im Verwaltungsrat häufig unterrepräsentiert und als rein technisches Thema wahrgenommen. Dieses Kompetenzdefizit führt zu Fehlentscheidungen und unvorhergesehenen Risiken.
Unterschätzung der Cyberrisiken durch strategische Gremien
In vielen Organisationen ist Cybersecurity auf die IT-Abteilung beschränkt und wird nicht auf höchster Ebene diskutiert. Der Verwaltungsrat trifft Entscheidungen, ohne Angriffszenarien zu kennen oder potenzielle Auswirkungen auf die Geschäftskontinuität richtig einzuschätzen.
Dieses Governance-Defizit führt zu einer fragmentierten Handhabung, bei der technische Prioritäten von Geschäfts- und Rechtsbelangen abweichen. Das Fehlen einer ganzheitlichen Perspektive gefährdet die Resilienz des Unternehmens.
Es ist unerlässlich, Cyber-Expertinnen und -Experten in den Risikomanagementausschuss aufzunehmen, beispielsweise durch die Einstellung eines DevOps-Engineers, und die Verwaltungsratsmitglieder regelmäßig für neue Bedrohungen zu sensibilisieren.
Folgen unzureichend fundierter Entscheidungen
Eine Cybersicherheits-Investitionspolitik, die nicht auf die Unternehmensstrategie abgestimmt ist, kann zu Überinvestitionen in ungeeignete Tools oder zur Vernachlässigung kritischer Schwachstellen führen. Solche Entscheidungen erhöhen Kosten und operative Komplexität, ohne besseren Schutz zu gewährleisten.
Im Schadensfall kann dem Verwaltungsrat mangelhafte Unternehmensführung vorgeworfen werden, wenn er Budgets oder Praktiken genehmigt hat, die reale Bedrohungsszenarien nicht berücksichtigt haben.
Eine enge Abstimmung zwischen CIO, Fachbereichen und Verwaltungsrat ist notwendig, um Budget, Kompetenzen und Sicherheitsziele in Einklang zu bringen.
Beispiel für festgestellte Kompetenzlücken
Eine Schweizer Gesundheitseinrichtung wurde Opfer eines Ransomware-Angriffs. Der Verwaltungsrat hatte nie den Krisenmanagementplan genehmigt noch Angriffssimulationen erhalten. Dieses Beispiel zeigt, dass ein unzureichend sensibilisierter Verwaltungsrat Krisenpläne nicht effektiv hinterfragen kann, was die Organisation verwundbar macht und zu hohen Sanktionen sowie Vertrauensverlust bei den Patienten führt.
Hin zu einem integrierten und dokumentierten Cyber-Risikomanagement
Ein Cyber-Risikomanagement muss auf einem fortlaufenden Prozess von Identifikation, Bewertung, Minderung und Überwachung basieren. Regelmäßige Neubewertungen stellen die Anpassung an sich schnell ändernde Bedrohungen sicher.
Konkrete Identifikation der Risiken
Beginnen Sie mit einer Kartierung der Informationswerte, der geschäftskritischen Prozesse und der Datenflüsse. Diese Gesamtübersicht zeigt potenzielle Eintrittspunkte und externe Abhängigkeiten auf.
Threat-Modelling-Workshops, gemeinsam mit den Fachbereichen und der IT, ermöglichen die Antizipation von Angriffsszenarien und die Identifikation hochkritischer Bereiche.
Ein derart strukturierter Ansatz bringt die Sicherheitsstrategie mit den betrieblichen und rechtlichen Anforderungen des Unternehmens in Einklang.
Bewertung von Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung
Jedes Risiko ist anhand objektiver Kriterien zu bewerten: Eintrittswahrscheinlichkeit sowie finanzieller, operativer und reputationsbezogener Impact. Diese Bewertung priorisiert Maßnahmen und steuert das Budgetentscheidungsprozedere.
Der Einsatz standardisierter Risikomatrizen gewährleistet die Vergleichbarkeit und Konsistenz der Bewertungen im Zeitverlauf.
Die Einbindung der Fachbereichsverantwortlichen in diesen Bewertungsprozess fördert die Akzeptanz des Risikomanagements und die Relevanz der Korrekturmaßnahmen.
Definition und Überwachung von Minderungsoptionen
Für jedes Haupt-Risiko sind mehrere Minderungsmaßnahmen zu formalisieren: Prävention, Detektion, Korrektur und Wiederherstellung. Vergleichen Sie Kosten, Nutzen und Restimpact jeder Option.
Dokumentieren Sie die gewählte Maßnahme, die zugehörigen Leistungsindikatoren und die Zeitpläne für die Umsetzung. Ein Remediationsplan mit klaren Meilensteinen erleichtert das Reporting an den Verwaltungsrat.
Die Kombination aus Open-Source-Lösungen und maßgeschneiderten Entwicklungen garantiert je nach Kontext Flexibilität, Skalierbarkeit und verhindert Vendor-Lock-in.
Kontinuierliche Überwachung und regelmäßige Neubewertung
Da sich die Bedrohungslandschaft rasch verändert, müssen Überwachungsindikatoren (SIEM, IDS/IPS, regelmäßige Penetrationstests) einen kontinuierlichen Review-Zyklus speisen. Diese Feedback-Schleife stellt sicher, dass die Maßnahmen wirksam bleiben.
Vierteljährliche Reviews mit IT, Fachbereichen und Verwaltungsrat ermöglichen die Neubewertung der Risiken auf Basis neuer Vorfälle oder Erfahrungen.
Ein integriertes Management umfasst das Aktualisieren der Dokumentation, das Anpassen der Sicherheitsrichtlinien und das Angleichung der personellen sowie technischen Ressourcen.
Beispiel für einen erfolgreichen integrierten Ansatz
In einer Schweizer Finanzdienstleistungsgruppe hat der Verwaltungsrat einen Risk-Management-Rahmen eingeführt, der den ISO 27005- und NIST-Standards entspricht. Jedes Quartal genehmigt der Risikoausschuss einen konsolidierten Bericht, der Ergebnisse von Penetrationstests, Detektionskennzahlen und den Fortschritt der Minderungsmaßnahmen zusammenführt. Dieses Beispiel zeigt, dass ein formalisiertes und dokumentiertes Vorgehen die Resilienz stärkt und gleichzeitig Ressourcen optimiert.
Strategisches Cyber-Risikomanagement
Cyber-Risikomanagement ist kein rein technisches Vorhaben, sondern ein kontinuierlicher, strukturierter und nachvollziehbarer Governance-Prozess. Die treuhänderischen Pflichten des Verwaltungsrats, gestützt durch die Business Judgement Rule, erfordern eine lückenlose Dokumentation und permanente Wachsamkeit. Identifizieren, bewerten, dokumentieren, mindern und periodisch neu bewerten sind unverzichtbare Schritte, um Informationswerte zu schützen und das Vertrauen der Stakeholder zu bewahren.
Um gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und Bedrohungen proaktiv zu begegnen, begleiten unsere Expertinnen und Experten Ihren Verwaltungsrat bei der Definition robuster Sicherheitsrichtlinien, der Auswahl modularer Open-Source-Lösungen und der Einführung agiler sowie anpassungsfähiger Prozesse.
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