Zusammenfassung – Angesichts des Risikos von Anbieterbindung, teuren Integrationen und gekapselten Daten muss ein SIRH-Pflichtenheft in der Schweiz einen modularen Funktionsumfang (Core HR, Zeit/Abwesenheiten, ATS, LMS, Workflows, Reporting) definieren, API-first-Interoperabilität (REST/GraphQL, SCIM, SSO) und LPD/DSGVO-Konformität mit souveränem Hosting garantieren. Es sieht ein MVP mit schnellem ROI sowie einen Plan für technische und vertragliche Reversibilität mit SLA, Export ohne Strafzahlungen und Escrow-Klauseln vor.
Lösung: RACI-Governance einführen, offene Formate standardisieren und das Projekt per User Stories steuern, um Ihr SIRH-Projekt abzusichern.
In einem Umfeld, in dem Projekte für HR-Informationssysteme ein zentraler Leistungshebel für Schweizer Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden sind, besteht die Herausforderung darin, ein belastbares Pflichtenheft zu erstellen, das Offenheit, Interoperabilität und Reversibilität garantiert und die Risiken von Anbieter-Abhängigkeit, kostspieligen Integrationen und „gefangenen“ Daten minimiert.
Durch eine präzise Strukturierung der Anforderungen rund um die Module Core HR, Zeit-/Abwesenheitsmanagement, Spesenabrechnung, Bewerbermanagementsystem, Lernmanagementsystem und Reporting wird sichergestellt, dass Build-versus-Buy-Entscheidungen effizient getroffen und nachhaltige Grundlagen für die künftige Entwicklung gelegt werden. Dieser Artikel erläutert die wichtigsten Elemente, die in Ihr Pflichtenheft für ein HR-Informationssystem in der Schweiz gehören, um Ihre Daten und Verträge zu kontrollieren und gleichzeitig eine MVP-Roadmap mit schnellem ROI zu planen.
Definition eines offenen und modularen Funktionsumfangs
Das Pflichtenheft muss alle geschäftskritischen Bausteine abdecken, ohne auf ein monolithisches System zu setzen. Jedes Modul – Core HR, Zeit-/Abwesenheitsmanagement, Spesenabrechnung, Bewerbermanagementsystem, Lernmanagementsystem, Bewertungswesen, Workflows und Reporting – sollte autonom oder integriert funktionieren können.
Der Funktionsumfang des Core HR umfasst die Verwaltung von Mitarbeitenden, Verträgen, Stellen und Organigrammen. Er dient als zentrales Referenzsystem für sämtliche HR-Daten, auf das alle anderen Module für Kohärenz und Verlässlichkeit zugreifen.
Die Funktionen für Zeit- und Abwesenheitsmanagement beinhalten die Erfassung von Arbeitszeiten, gesetzlichen Ferien sowie Abwesenheiten wegen Krankheit oder Weiterbildung mit flexiblen Genehmigungsregeln. Dieses Modul muss in der Lage sein, mit einem Zeiterfassungsterminal oder einem externen Stempelsystem zu kommunizieren.
Die Spesenabrechnung sollte eine schnelle mobile Eingabe, einen genehmigungsbasierten Workflow entsprechend dem Organigramm und einen automatisierten Export in die Buchhaltung bieten. Schnelligkeit und Benutzerfreundlichkeit fördern die Akzeptanz bei den Mitarbeitenden.
Core HR und Zeitmanagement
Das Core HR muss die Historisierung vertraglicher Daten, die Verwaltung von Zugriffsrechten und die Nachvollziehbarkeit von Änderungen ermöglichen. Jede Änderung (Beförderung, Austritt, interne Versetzung) muss zeitgestempelt und auditierbar sein.
Für die Arbeitszeiterfassung ist ein konfigurierbares Modul mit Schweizer Rechtsgrundlagen (Teilzeit, Überstunden, Ausgleichsruhe) unerlässlich. Darüber hinaus muss es projektbezogene indirekte Stunden erfassen können.
Eine einfache Integration mit externen Zeiterfassungsterminals stellt die Synchronisation der Anwesenheiten und die Echtzeit-Erfassung der verfügbaren Mitarbeitenden vor Ort oder im Homeoffice sicher.
Recruiting und Weiterbildung
Das Bewerbermanagementsystem muss den gesamten Lebenszyklus eines Kandidaten abbilden – von der Stellenausschreibung bis zur Integration – und dabei Berichte über Rekrutierungsdauer und Kandidatenquellen generieren.
Das Lernmanagementsystem für die Weiterbildung muss E-Learning-Inhalte unterstützen, Präsenzveranstaltungen planen und Kompetenznachweise verfolgen. Workflows für obligatorische Schulungen sollten automatisiert ablaufen.
Die Verbindung zwischen Bewerbermanagementsystem und Lernmanagementsystem ermöglicht es, interne Entwicklungswege schnell zu identifizieren und so die Employability und Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu fördern.
Workflows, Signaturen und Reporting
Die Genehmigungsworkflows – Einstellung, Austritt, Ferienantrag oder Spesenanfrage – müssen fach- und hierarchiebezogen konfigurierbar sein und automatisierte Benachrichtigungen versenden.
Die elektronische Signatur sollte nativ integriert sein und die europäischen sowie schweizerischen Standards (eIDAS-Zertifikate, SuisseID) mit Zeitstempel und Nachvollziehbarkeit erfüllen.
Das analytische Reporting muss Self-Service-Dashboards bereitstellen, die als CSV oder JSON exportierbar sind. Wichtige KPIs umfassen Fluktuationsrate, durchschnittliche Rekrutierungsdauer und Abwesenheitsquote.
Beispiel: Ein Finanzdienstleister in der Romandie hat ein modulares Pflichtenheft erstellt, zuerst Core HR und Zeitmanagement eingeführt und anschließend das Bewerbermanagementsystem ergänzt. Dieser schrittweise Ansatz reduzierte die Integrationskomplexität um 30 % und beschleunigte die Implementierung in den Fachbereichen.
Gewährleistung von Interoperabilität und Datenportabilität
Eine API-First-Architektur und offene Standards sind unerlässlich, um Vendor Lock-in zu vermeiden und künftige Weiterentwicklungen zu erleichtern. Provisioning-Mechanismen, SSO-Protokolle und offene Exportformate sorgen für einen reibungslosen Datenaustausch zwischen den Systemen.
Ein Schwerpunkt auf API-First erfordert RESTful- oder GraphQL-Endpunkte für alle HR-Entitäten – von Mitarbeitenden bis zu Spesenbuchungen. Jeder Dienst sollte seine Endpunkte mit OpenAPI dokumentieren.
Das SCIM-Protokoll sichert das automatisierte Provisioning und Deprovisioning von Benutzerkonten in Active Directory oder Azure AD. Webhooks ermöglichen Echtzeitreaktionen auf HR-Ereignisse (Einstellung, Austritt, Versetzung).
Single Sign-On via SAML oder OpenID Connect zentralisiert die Authentifizierung, reduziert Passwortverwaltung und stärkt die Sicherheit. So können einheitliche 2FA-/MFA-Policies durchgesetzt werden.
API-First und SCIM-Provisioning
Im Pflichtenheft muss festgelegt werden, dass für jede HR-Ressource (Mitarbeitende, Position, Abwesenheit) eine CRUD-API verfügbar ist. Die Endpunkte sollten Paging, Filtering und partielle Updates (PATCH) unterstützen.
Der Standard SCIM 2.0 ist zu implementieren, um Benutzerkonten und Gruppen mit dem Unternehmensverzeichnis zu synchronisieren. So erhalten Mitarbeitende automatisch die richtigen Zugriffsrechte ohne manuellen Aufwand.
Webhooks müssen kritische Ereignisse abdecken – Neueintrag, Rollenänderung, Kontolöschung –, damit andere Systeme (Mitarbeiterportal, Dokumentenmanagement, ERP) sofort reagieren können.
SSO SAML/OIDC und Verzeichnis-Synchronisation
Die Einführung eines standardisierten SSO verringert die Hürden für Anwender und verbessert die Zugangskontrolle. Im Pflichtenheft sollte die Verwendung von SAML-Metadaten oder OIDC-Discovery festgelegt sein.
Die Synchronisation von AD/Azure AD-Verzeichnissen ermöglicht die Nutzung bestehender Gruppen für Rechteverwaltung im HR-Informationssystem und vermeidet manuelle Profilduplikate.
Der Einsatz eines Identity Brokers kann die Integration externer Anbieter (Lieferantenportal, Fremd-Lernmanagementsysteme) vereinfachen und gleichzeitig Sicherheitsrichtlinien zentral durchsetzen.
Offene Formate und Datenmigration
Exporte müssen in CSV, JSON oder Parquet möglich sein, mit offenem Schema und Feldbeschreibung. Diese Formate gewährleisten Datenzugriff ohne Abhängigkeit von einem Anbieter.
Der Migrationsplan sieht einen vollständigen Initial-Dump vor, gefolgt von inkrementellen Synchronisationen vor dem Cut-over. Wiederanlaufzeiten sind im SLA festzulegen, um einen HR-Blackout zu vermeiden.
Das Pflichtenheft sollte die Versionierung des Datenschemas verlangen, um strukturellen Änderungen vorzubeugen und Audits zu erleichtern.
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Sicherheit, Compliance und souveränes Hosting in der Schweiz
Das HR-Informationssystem verwaltet hochsensible personenbezogene Daten und muss das Schweizer Datenschutzgesetz DSG 2023 sowie die DSGVO für EU-Mitarbeitende einhalten. Souveränes Cloud-Hosting und Verschlüsselungsmechanismen gewährleisten Integrität, Verfügbarkeit und Vertraulichkeit der Daten.
Das neue DSG 2023 verlangt das Prinzip der Datenminimierung, die Führung eines Verarbeitungsverzeichnisses und die Festlegung von Aufbewahrungsfristen. Gesundheitsdaten und spezielle HR-Daten benötigen zusätzliche Schutzmaßnahmen.
Die DSGVO gilt für alle Mitarbeitenden mit Sitz in der EU oder mit Arbeitsverhältnissen zu einem EU-Mitgliedstaat. Das Pflichtenheft muss Zugriffs-, Berichtigungs- und Löschrechte mittels spezialisierter APIs oder eines Self-Service-Portals sicherstellen.
Das Hosting in der Schweiz bei einem ISO 27001-zertifizierten Provider bzw. gleichwertig erfüllt Souveränitäts- und Verfügbarkeitsanforderungen. Data Centers sollten sich in der Schweiz oder unter strengen vertraglichen Bedingungen im EWR befinden.
Compliance DSG 2023 und DSGVO im HR
Das Dokument muss Kategorien personenbezogener Daten (Identität, Kontaktdaten, Verträge, sensible Daten) auflisten und jeden Verarbeitungsschritt begründen. Gesetzliche Aufbewahrungsfristen sind zu dokumentieren.
Das Verarbeitungsverzeichnis sollte automatisch vom HR-Informationssystem gepflegt werden, um interne und externe Audits zu erleichtern. Workflows für Sicherheitsvorfälle müssen die Meldefristen (72 Stunden bei DSGVO) einhalten.
DSGVO-Rechte (Recht auf Vergessen, Datenübertragbarkeit, Widerspruch) erfordern sichere APIs oder Formulare, um Anfragen innerhalb der gesetzlichen Frist von 30 Tagen zu bearbeiten.
Verschlüsselung, Protokollierung und Berechtigungsmanagement
Im Pflichtenheft ist die Verschlüsselung ruhender Daten (AES-256) und Daten in Bewegung (mindestens TLS 1.3) mit Schlüsselmanagement über HSM oder KMS festzulegen.
Die sichere Protokollierung von Zugriffen und kritischen Aktionen (Exporte, Schemaänderungen, Löschungen) muss unveränderlich erfolgen und innerhalb eines definierten Zeitraums aufbewahrt werden.
Das Berechtigungsmanagement basiert auf dem Least-Privilege-Prinzip, mit periodischer Rezertifizierung und automatisierten Freigabe-Workflows.
Reversibilitätsplan und Vertragsgestaltung
Der technische Reversibilitätsplan muss vollständige Datenexports, Schema-Lieferungen und Wiederherstellungsskripte vorsehen. Lieferfristen sind vertraglich festzuhalten.
Die kommerzielle Reversibilität erfordert eine Exportklausel ohne Strafgebühren und gegebenenfalls Quellcode-Escrow für individuelle Module.
Verträge sollten SLAs (Verfügbarkeit, MTTR, Support) definieren und Strafen bei Nichteinhaltung vorsehen. Sicherheitszertifizierungen (ISO, SOC 2) sind als Annex beizufügen.
Beispiel: Ein Schweizer Anbieter für Weiterbildung entschied sich für souveränes Cloud-Hosting und einen quartalsweisen Datenexport. Nach einem DSG-Audit konnte das vollständige Datendump und ein detailliertes Schema bereitgestellt werden, was die totale Datenkontrolle demonstrierte und internationale Partner beruhigte.
Governance, Verträge und MVP-Roadmap
Klare Governance und vertragsrechtliche Verpflichtungen im Einklang mit der Geschäftsstrategie sichern die Nachhaltigkeit des Projekts. Die MVP-Roadmap, fokussiert auf 3–5 Use Cases mit schnellem ROI, ermöglicht eine Validierung, bevor das System skaliert wird.
Die Projektgovernance basiert auf Personas und einer RACI-Matrix, die Verantwortlichkeiten für jedes Deliverable festlegt. Der User-Story-Backlog mit Abnahmekriterien steuert Entwicklung und Tests.
Die Integrationsmatrix listet Zielsysteme (Lohnbuchhaltung, Finance, DMS, Zeiterfassung), Datenflüsse und zu überwachende KPIs, um die Koordination zwischen IT, Fachabteilungen und Dienstleistern zu erleichtern.
Der Datenmigrationsplan umfasst eine Qualitätsprüfung, Feldzuordnungen und Bereinigungsskripte, um die Datenintegrität beim Go-live zu gewährleisten.
Datenhoheit und Open-Source-Lizenzen
Das Pflichtenheft muss klarstellen, dass die Datenhoheit beim Unternehmen bleibt und kundenspezifische Entwicklungen uneingeschränkt übergehen.
Open-Source-Komponenten sind mit permissiven Lizenzen (MIT, Apache 2.0) zu versehen. Abhängigkeiten mit restriktiven Lizenzen sind zu begründen und dokumentieren.
Die Dokumentation kundenspezifischer Code-Basis und die Versionsverwaltung via Git sichern Nachvollziehbarkeit und Wartbarkeit.
SLA, MTTR und Exportklauseln
SLA müssen Verfügbarkeit (99,5 % oder mehr), Support-Reaktionszeiten (werktags oder 24/7) und MTTR für jeden Incident-Typ definieren.
Exportklauseln ohne Strafgebühren und Source-Escrow-Möglichkeiten stärken die rechtliche und technische Sicherheit des Projekts.
Das Pflichtenheft definiert Liefertermine, Abnahmeverfahren und Erfolgskriterien (Nutzerakzeptanz, Prozessdurchlaufzeiten, Reduktion von Lohndiskrepanzen).
MVP-Strategie und Iterationen
Der MVP fokussiert auf 3 bis 5 kritische Use Cases (Einstellungen, Urlaubsverwaltung, Basis-Reporting), um schnell Mehrwert zu liefern und Budgetfreigaben zu sichern.
Quartalsweise Sprints umfassen Backlog-Reviews, Fachbereichs-Demos und Retrospektiven, um Prioritäten anhand von Nutzerfeedback anzupassen.
Die Total Cost of Ownership (TCO) berücksichtigt Build-, Run- und Weiterentwicklungsphasen, um die künftigen finanziellen Aufwände transparent zu gestalten.
Beispiel: Ein Schweizer Industrieunternehmen implementierte in sechs Wochen ein MVP für Einstellungen, Zeitmanagement und Basis-Reporting. Nach Pilotabnahmen wurden ATS und Weiterbildungsmodule in quartalsweisen Iterationen ergänzt, während das TCO-Budget eingehalten wurde.
Aufbau eines offenen, kontrollierten und reversiblen HR-Informationssystems
Ein Pflichtenheft, das auf einem modularen Funktionsumfang, API-First-Anforderungen, Interoperabilitätsstandards und Compliance-Garantien basiert, hilft, Vendor Lock-in zu vermeiden, Daten zu sichern und technische sowie vertragliche Reversibilität sicherzustellen.
Governance via Personas und RACI, der User-Story-Backlog, die Integrationsmatrix und der MVP-Plan garantieren eine schnelle und flexible ROI-Roadmap. SLA-, Export- und Archivierungsklauseln schützen Ihre Investition.
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