Zusammenfassung – Angesichts der versprochenen beschleunigten Rollouts, reduzierten TCO und integrierten Sicherheit der SAP S/4HANA Public Cloud riskieren Unternehmen jedoch starke Lock-ins, organisatorische Starrheit und Abhängigkeiten von SAP-Roadmaps.
Indem man den Ansatz ’Adopt, not Adapt’ mit Anforderungen an Modularität und Autonomie vergleicht, zeigt sich der Nutzen composable Architekturen (Microservices/API-first), Open-Source-ERPs (Odoo, ERPNext) und Hybrid-Cloud-Plattformen für die Wahrung von Flexibilität und digitaler Souveränität.
Lösung: Eine Standard-SAP-Basis mit modularen Erweiterungen kombinieren, um Standardisierung und kontinuierliche Innovation auszubalancieren.
Der Aufstieg von SAP S/4HANA Public Cloud spiegelt den Willen der Softwareanbieter wider, eine einheitliche, von ihnen verwaltete und gepflegte Plattform durchzusetzen. Ihre schnelle Akzeptanz begründet sich in einem beherrschbaren TCO, beschleunigten Rollouts und standardisierter Sicherheit.
Dieses „Adopt, not Adapt“-Modell zwingt Unternehmen jedoch dazu, ihre Prozesse an den SAP-Standard anzupassen. Dadurch sind Weiterentwicklung, Unabhängigkeit und Innovationsfähigkeit eingeschränkt. Bevor Sie sich vollumfänglich verpflichten, sollten Sie Flexibilität und mögliche Risiken eines technologischen Lock-ins sowohl organisatorisch als auch funktional bewerten. Dieser Beitrag analysiert Stärken und Schwächen der SAP Public Cloud und stellt modularere, souveränere Alternativen vor.
Vorteile von SAP S/4HANA Public Cloud
Die Lösung ermöglicht eine industrialisierte Implementierung und verkürzt Deployment-Zeiten drastisch. Das SaaS-Modell garantiert kontinuierliche Updates und eine zentralisierte Prozesssteuerung.
Schneller Rollout und kontinuierliche Updates
Der Rollout von SAP S/4HANA Public Cloud basiert auf einem Katalog bewährter Voreinstellungen für verschiedene Branchen. Die Standardmodule decken ein breites Funktionsspektrum ab, sodass die meisten End-to-End-Geschäftsprozesse nicht von Grund auf neu entwickelt werden müssen.
Jedes Update wird von SAP geplant, vorab getestet und automatisch ausgerollt, wodurch aufwändige Migrationsprojekte entfallen. Unternehmen profitieren so von regelmäßigen Weiterentwicklungen ohne lange Wartungsfenster.
Dieses automatisierte Vorgehen entlastet das Projektteam erheblich, insbesondere KMU und mittelständische Unternehmen, die nicht immer über eigene Ressourcen für Upgrades verfügen. Das Resultat ist eine beschleunigte Time-to-Value.
Beispielsweise konnte ein Schweizer Unternehmen aus der Nahrungsmittelindustrie seine Initial-ERP-Einführungszeit um 40 % reduzieren, indem es ausschließlich auf die SAP-Templates setzte. Dieser Case zeigt, dass Standardisierung den Change-Management-Aufwand senkt und Parametrierungskosten minimiert.
TCO-Reduzierung und zentrale Verwaltung
Im Public-Cloud-Modell verlagern sich Infrastruktur- und Wartungskosten vom Anwender zum Anbieter, wodurch CapEx in OpEx umgewandelt werden. Für weitere Tipps zur Optimierung Ihres Cloud-Budgets lesen Sie unseren Guide.
Die IT-Abteilung wird von Betrieb, Überwachung und Patch-Management der Server entlastet. Die Teams können sich stattdessen auf wertschöpfendere Aufgaben wie die Prozessoptimierung konzentrieren.
Zudem erleichtert die zentrale Governance die Nachvollziehbarkeit und Auditierung der Prozesse. Eingebettete Reports und Dashboards liefern eine einheitliche Sicht auf operative und finanzielle Kennzahlen.
Ein Schweizer Fertigungs-KMU verzeichnete nach der Migration zu SAP Public Cloud eine jährliche IT-Budgeteinsparung von 25 %, die in Advanced-Analytics-Projekte reinvestiert wurde.
Integrierte Sicherheit und standardisierte Compliance
SAP Public Cloud implementiert Sicherheitsmechanismen auf höchstem Niveau: Multi-Faktor-Authentifizierung, Verschlüsselung ruhender und übertragener Daten sowie 24/7-Überwachung. So ist ein hohes Schutzniveau gewährleistet, ohne internes Expertenwissen binden zu müssen.
Regulatorische Anforderungen – DSGVO, ISO-Normen, branchenspezifische Vorgaben – werden vom SAP-SOC abgedeckt. Mehr dazu, wie Sie eine angemessene Cyber-Risikosteuerung etablieren, erfahren Sie in unserem Leitfaden.
Security-Patches werden automatisiert eingespielt, wodurch Vulnerability-Fenster minimiert werden. Die IT-Teams müssen keine Produktionsstopps mehr für kritische Updates planen.
Ein schweizerischer Beratungsdienstleister verringerte seine Sicherheitsvorfälle innerhalb eines Jahres um 60 %, dank nativer Sicherheitsintegration und automatischer Updates.
Adopt, not Adapt: Ein einfaches, aber starres Modell
Das Prinzip „Adopt, not Adapt“ schließt individuelle Anpassungen aus und zwingt zum SAP-Standard. Diese Uniformierung begrenzt die Weiterentwicklung und kann zu erheblichem Lock-in führen.
Verlust an Flexibilität bei spezifischen Geschäftsprozessen
Deckt der Standard kritische Prozessschritte nicht ab, muss das Unternehmen seine Abläufe an SAP anpassen und auf Besonderheiten verzichten. Das kann operative Leistung und Anwenderzufriedenheit beeinträchtigen.
Komplexe oder unübliche Workflow-Logiken lassen sich nur schwer umsetzen, da jede Abweichung ein Re-Engineering oder teure Erweiterungen erfordert. Große Konzerne verhandeln mitunter Ausnahmen, doch KMU und mittelständische Unternehmen finden kaum Gehör.
Das Resultat ist ein Kompromiss: Entweder man akzeptiert homogene, aber weniger passgenaue Prozesse oder man baut externe Aufsätze, die das Ökosystem schwächen und die technische Schuld erhöhen.
Ein Schweizer Versicherungsunternehmen musste seine internen Automatisierungen aufgeben, um mit den SAP-Workflows konform zu gehen. Dadurch verschob sich der Go-Live um drei Monate.
Lock-in und Abhängigkeit von der SAP-Roadmap
Intensive Nutzung nativer Funktionen bindet das Unternehmen an den vom Anbieter definierten Funktionsumfang. Jede neue Anforderung muss in die SAP-Roadmap passen, interne Innovationen sind limitiert.
Langfristig wächst die Abhängigkeit: Ein Ausstieg oder die Ergänzung durch Drittanbieterlösungen wird extrem kostenintensiv. Zur Bewertung dieser Aufwände lesen Sie unseren Guide zum ROI eines ERP-Projekts.
Kultureller Wandel hin zur Standardisierung
Die Anpassung an den Standard erfordert einen tiefgreifenden Kulturwandel: Fach- und IT-Abteilungen müssen etablierte Praktiken aufgeben, was häufig auf Widerstand stößt.
Der Erfolg hängt daher mehr vom Change Management als von der Technik ab. Schulungen, Workshops und interne Champions sind unerlässlich, um die standardisierte Logik zu verankern.
Ohne passende Projekt-Governance und Rückhalt im Management verläuft die Einführung nur unter Zwang, was zu Verzögerungen, Frustration und Teilabbruch führen kann.
Ein öffentlicher Schweizer Träger musste fast dreißig Key-User sechs Monate lang binden, um Prozesse an SAP anzupassen, bevor das Projekt mit speziellem Change-Support neu gestartet wurde.
Edana: Strategischer Digitalpartner in der Schweiz
Wir begleiten Unternehmen und Organisationen bei ihrer digitalen Transformation.
Hin zu einer composable Architecture: Microservices und API-First
Die Aufteilung des ERP in unabhängige Services ermöglicht domänenspezifische Evolution. API-First erleichtert stufenweise Integration und Modularität.
Funktionale Entkopplung und domänenbezogene Weiterentwicklung
Indem jede Geschäftsfunktion als Microservice isoliert wird, kann das System schrittweise weiterentwickelt werden. Mehr zur hexagonalen Architektur und Microservices in unserem Fachartikel.
Jeder Microservice verfügt über eigenen Entwicklungs-, Test- und Deployment-Zyklus, was die Time-to-Market für neue domänenspezifische Features verkürzt.
Die feinkörnige Struktur vermeidet das komplette Re-Deployment des ERP bei Einzelanpassungen. Auswirkungen bleiben lokal, und Patches lassen sich kontinuierlich einspielen, ohne das Gesamtsystem zu stören.
Zusätzlich vereinfacht die Modularität den Technologieaustausch: Komponenten können mit minimalen Abhängigkeiten durch leistungsfähigere oder Open-Source-Alternativen ersetzt werden.
Schrittweise Integration mit dem bestehenden ERP
Offene APIs der SAP Public Cloud erlauben die Verbindung der Microservices mit dem Kern-ERP. Datenaustausch erfolgt via Standards wie OData oder REST und gewährleistet Kompatibilität und Nachvollziehbarkeit. Zu robusten API-Tests lesen Sie unseren Leitfaden.
Wird eine Domäne auf einen Microservice ausgelagert, orchestrieren Middleware oder Event-Bus die Prozesse. So entsteht asynchrone, resiliente Kommunikation zwischen den Komponenten.
Diese In-situ-Strategie begrenzt das anfängliche Refactoring: Das ERP bleibt zentral, während Erweiterungen bedarfsgerecht ergänzt werden, ohne systemweite Umbrüche.
Ein Schweizer Logistikunternehmen entwickelte ein Lagerverwaltungs-Microservice, das per API an den SAP-Kern angebunden ist. Die viermonatige Einführung zeigte, dass hybride Co-Existenz ohne Serviceunterbrechung möglich ist.
Open-Source-ERP und hybride Plattformen: Freiheit zurückgewinnen
Open-Source-Lösungen und hybride Cloud-Modelle bieten kontrollierte Anpassbarkeit und geringere Lizenzkosten. Ein Mixed-Ecosystem bewahrt digitale Souveränität und Flexibilität.
Odoo und ERPNext als modularer Unterbau
Odoo und ERPNext liefern granulare Module für Finanzen, Lagerverwaltung, CRM oder Produktion. Zum Vergleich empfehlen wir unseren Artikel Open-Source-ERP vs. proprietäres ERP.
Der offene Quellcode erlaubt die Anpassung ohne Abhängigkeit von Anbieter-Roadmaps. Aktive Communities stellen zertifizierte Plugins und regelmäßige Updates bereit.
Geringe Lizenzkosten, meist nur Support-Gebühren, schaffen Spielraum für Eigenentwicklungen und domänenspezifische Anpassungen.
Diese Alternativen eignen sich besonders für Organisationen, die ein vollständiges ERP-Fundament wünschen, aber Prozesse frei gestalten und Drittanbieter-Tools nahtlos integrieren möchten.
Cloud-Native-Stack und kontrollierte Individualisierung
Cloud-native Plattformen (Serverless, Container, Event-Funktionen) ermöglichen den Bau eines ERP-Systems durch Service-Assembly. Mehr zu Cloud-Hosting vs. On-Premise in unserem Guide.
Der „Best-of-Breed“-Ansatz vermeidet Monolithen: Wartung, Skalierung und Sicherheit werden von spezialisierten, optimierten Komponenten übernommen.
Pay-per-Use-Modelle senken den TCO bei schwankender Auslastung. Organisationen können flexibel hoch- oder herunterfahren, ohne globale Vertragsverhandlungen.
So behalten IT-Abteilungen die Kontrolle über Architektur, Monitoring-, Logging- und CI/CD-Tools und vermeiden Vendor Lock-in.
Domain-Driven-Ansatz: ERP als Komponente
Mit Domain-Driven Design (DDD) modelliert das Unternehmen jeden Fachkontext präzise. Das ERP wird so zu einer Komponente unter vielen, vergleichbar mit CRM oder Lohn- und Gehaltsmodul.
Jeder „bounded context“ erhält eigenes Daten- und Service-Modell, was Teamautonomie und funktionale Konsistenz fördert.
Austausch erfolgt über API-Verträge oder Events, sodass jede Domäne ihre eigene Roadmap verfolgt. Technische Schulden minimieren sich und künftige Übergänge werden abgesichert.
Dieses strategische Alignment ermöglicht ein evolutionäres Ökosystem, in dem Standard-ERP neben maßgeschneiderten, Open-Source- oder Drittanbieter-Lösungen koexistiert und eine wirklich souveräne Architektur bildet.
Bauen Sie eine ERP-Architektur, die standardisiert und zugleich flexibel ist
Der Erfolg eines ERP-Projekts hängt nicht allein von der Anbieterwahl ab, sondern von einer Zielarchitektur, die Standardisierung und Modularität vereint. SAP S/4HANA Public Cloud liefert ein robustes, sicheres Fundament für Unternehmen, die feste Best Practices übernehmen möchten. Gleichzeitig eröffnen composable Architekturen, Open-Source-Lösungen und hybride Plattformen Hebel, um Flexibilität, Unabhängigkeit und Innovationszyklen zu sichern.
Bevor Sie Ihre Transformation starten, klären Sie Ihre strategischen Prozesse, Ihre Lock-in-Toleranz und Ihre Autonomieziele. Eine kontextbasierte Technologieroadmap, ausgerichtet an Ihren fachlichen Herausforderungen, garantiert Agilität und digitale Souveränität.
Unsere Experten begleiten Sie gern bei der Co-Kreation einer maßgeschneiderten ERP-Architektur, die das Beste aus SAP-Standards und freien Alternativen vereint. Jedes Projekt ist einzigartig – wir passen unsere Vorgehensweise an, um Ihren ROI zu maximieren und Ihr nachhaltiges Wachstum zu fördern.
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